Das Serapeum bei Saqqara

Die allgemein verbreitete Ansicht der Ägyptologen ist, dass das Serapeum (altägyptisch Kemet; auch Kem) im Alten Ägypten der Verehrung des heiligen Apis-Stiers gedient habe, der in oberirdisch gelegenen Stallungen gehalten wurde. Nach ihrem Tod sollen die Stiere einbalsamiert und im unterirdischen Nekropolenbereich bestattet worden sein. Das Serapeum von Saqqara liegt rund 1,5 km von der Stufenpyramide des Königs (Pharao) Djoser entfernt.
Der römische Kaiser Honorius soll das Serapeum geschlossen haben, und die in der Nähe angesiedelten koptischen Mönche hätten einen Großteil der Stiermumien zerstört.
Neben den Nekropolenbereichen für die Stiere und den Stallungen sollen hier ein Osiris- bzw. Apistempel, den Nektanebos I. erbauen ließ, und ein Balsamierungshaus gestanden haben.
Dummerweise sind keinerlei Reste von irgendwelchen oberirdischen Bauten vorhanden, noch nicht einmal Grundmauerreste.
Der komplette unterirdische Bezirk ist ca. 7 km lang.
Der frühe Ägyptologe Auguste Mariette machte sich 1852 auf die Suche nach dem Serapeum und grub den unter Sanddünen begrabenen Bezirk aus. Entlang eines Ganges entdeckte er 28 Grabnischen, in deren 24 jeweils ein leerer Granitsarkophag steht (ich habe sie nicht nachgezählt). Ein weiterer Sarkophag steht in einem Seitengang. Die Sarkophage zählen zu den Größten des Altertums, ihr Gewicht wird auf 70 bis 80 Tonnen geschätzt.
Es gab in Ägypten zwar nachweislich einen Stierkult, und einige Funde aus der späten Ptolemäerzeit sind auch eindeutig einer kultischen Apisverehrung zuzuordnen. Doch in den Sarkophagen der Anlage in Saqqara wurden zweifelsfrei wohl kaum Stiere bestattet. Keine einzige Stiermumie wurde gefunden, trotzdem hält sich die Geschichte der Apisstiere.
Mariette beschreibt, dass bei allen Sarkophagen die Deckel zurückgeschoben waren und alle Särge beraubt waren. Man vermutet, dass die Mönche des Klosters des Heiligen Jeremias, das sich direkt über dem Serapeum befand, hier ordentlich geplündert hatten. Dummerweise finden sich auch keinerlei Überreste dieses ehemaligen Klosters.
In den Sarkophagen befand sich auch keine stinkende Bitumenmasse oder anderes. Hierbei handelt es sich um ein immer wieder kolportiertes Märchen.
Erst durch weitere Untersuchung und unter Zuhilfenahme von Sprengstoff konnte Mariette einen abgetrennten Flügel freilegen, in dem sich unberaubte Gräber befanden. Hier fand er zwei Apisstiermumien und die Mumie von Chaemwaset, einem Sohn von Ramses II., der sich als Wesir und Erbauer des Serapeums hervortat. Es ist heute zwar keine komplette Mumie mehr vorhanden, aber zumindest der Kopf eines Apisstiers aus dem Serapeum befindet sich in Paris im Louvre.
Warum die Ägypter sich der Mühe unterzogen, eine unterirdische Anlage für tonnenschwere Sarkophage zu errichten, ist ungeklärt. Das Granit-Material musste zunächst aus dem rund 1000 km entfernten Assuan herangeschafft werden. Darüber hinaus wurden die Sarkophage teilweise in den Boden eingelassen. Und das ist ja noch nicht alles! Die riesigen Sarkophage mussten durch enge Gänge transportiert werden, in denen absolut kein Platz für eine Zug- bzw. Transportmannschaft ist! Wie man es trotzdem fertigbrachte, sie an ihren jetzigen Platz zu befördern, ist bis heute nicht erklärbar.

Heute vermutet man unter dem schlichten oberirdischen Zugang keinesfalls dieses ausgedehnte Gangsystem. Eine schlichte Holztreppe führt vom Zugang direkt auf den Hauptgang. Das Serapeum war jahrelang für Touristen geschlossen. In dieser Zeit hat man es sorgfältig restauriert. Der relativ unebene Felsboden wurde mit einem Holzfußboden ausgelegt. In regelmäßigen Abständen hat man darin Fenster eingelassen, damit man den originalen Boden sehen kann. Alle Gänge und Nischen oder besser Kavernen sind indirekt ausgeleuchtet. Die Gänge wie auch die Kavernen sind in gewissen Abständen durch Stützen und Bögen abgestützt worden, teilweise auch durch Stahlgerüste.
Die Sarkophage sind blitzsauber, innen und außen. Die tonnenschweren Deckel sind alle ein wenig zur Seite geschoben, damit man hinein sehen kann.

Sehenswert ist das Serapeum auf jeden Fall, wenn auch der rund zwei Kilometer lange teilweise sandbedeckte Fußweg durch die Wüste unter sengender Sonne relativ beschwerlich ist.

(Bild anklicken = größeres Bild)


Linkes Bild: Der unscheinbare Zugang mitten in der Wüste.
Rechtes Bild: Der Zugang auf den Hauptgang (die Treppe befindet sich rechts im Bild). Gleich am Anfang befindet sich ein in den Felsenboden eingelassener Sarkophag mit geschlossenem Deckel.


Linkes Bild: Blick in einen der Gänge. Darin die in den Holzfußboden eingelassenen Fenster, durch die man den originaler Boden sehen kann.
Rechtes Bild: Der einzige brutal beschädigte Sarkophag, in den man ein Loch hinein geschlagen hat. Die Bruchstücke liegen innen im Sarkophag.


Man beachte die überexakt bis in die Ecken und Kanten sauber bearbeiteten teilweise spiegelblanken Flächen insbesondere der Innenseiten der Sarkophage. Nicht zu vergessen: Die Sarkophage bestehen aus nur schwer zu bearbeitendem Granit!


Und dann kam ein Sarkophag in Sicht, dessen Rückseite den Eindruck erweckt, als ob er aus weichem Material hergestellt worden sei, ähnlich wie Beton, das hier entweder ein falsches Mischverhältnis hatte oder noch nicht richtig ausgehärtet war. Im unteres Bereich hat das Material nachgegeben - was so garnicht zu den sonst perfekten Sarkophagen passt!

Teil der sauber bearbeiteten Seite.


© 2017 Gernot L. Geise


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